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02.05.2020

Die Auschwitz-Überlebende Liliane Badour-Esrail ist tot: Die Welt ist dunkler geworden.

 
 
Liliane Badour-Esrail © Michèle Déodat

Liliane Badour-Esrail © Michèle Déodat

 

 

 

Zum Tod der französischen Auschwitz-Überlebenden Liliane Badour-Esrail betonte in Berlin Christoph Heubner, der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees:

"Auschwitz-Überlebende in aller Welt verabschieden sich mit Wehmut, Respekt und Dankbarbeit von einer außergewöhnlichen und mutigen Frau, ihrer Weggefährtin und Leidensgenossin Liliane Badour-Esrail, die am Morgen des 1. Mai in Paris im 96. Lebensjahr verstorben ist.

Mit ihren beiden Brüdern wuchs Liliane in Biarritz im Haus ihrer Großeltern auf. Getauft und im katholischen Glauben erzogen war ihnen nicht bewusst, dass sie jüdischer Abstammung waren. Als im Februar 1944 die beiden Brüder zur Deportation abgeholt werden sollten, bestand die 19-jährige Liliane mutig und hartnäckig darauf, sie zu begleiten.

Im Sammellager Drancy bei Paris lernte sie ihren späteren Mann Raphael Esrail kennen, der als jüdischer Angehöriger der französischen Résistance verhaftet worden war und ihr versprach, sich um ihre beiden Brüder zu kümmern, solange die Gefangenen nach Geschlechtern getrennt untergebracht waren. Nach wenigen Tagen erfolgte der Weitertransport nach Auschwitz: Ihre Brüder René und Henri wurden gleich nach der Ankunft im Lager in den Gaskammern ermordet. Raphael Esrail überlebte Auschwitz. Die Hoffnung, Liliane Badour wiederzusehen hatte ihn am Leben gehalten. Auch Liliane überlebte das Lager. Sie wurde am 2. Mai 1945 von russischen Truppen befreit. Beide heirateten 1948.

Liliane Esrail hat den Verlust ihrer Brüder in Auschwitz nie verwunden, Auschwitz blieb ein treibender Schmerz in ihrem Leben. Gemeinsam mit ihrem Mann Raphael und anderen französischen Auschwitz-Überlebenden war sie in der ‚Union des Déportés d´Auschwitz‘ aktiv und entwickelte zahlreiche pädagogische und mediale Projekte für Schüler, Lehrer und Studenten. Als Zeitzeugin suchte sie nie den Vordergrund der Bühne, aber mit dem ihr eigenen Mut überwand sie ihr Schweigen immer wieder, um Worte für das zu finden, was sie in Auschwitz erlebt und was man ihren Brüdern angetan hatte. Sie berührte junge und alte Menschen in Frankreich und Deutschland mit der Schilderung des Entsetzlichen und durch die Zartheit und Menschenliebe, die sie ausstrahlte, weil sie der Bitterkeit und dem Schmerz öffentlich keinen Raum geben wollte.

2012 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Erst vor kurzem hat Raphael Esrail in Berlin die deutsche Edition ihrer Erinnerungen präsentiert. Sie trägt den Titel ‚Die Hoffnung auf einen Kuss. Auschwitz, Liliane und ich.‘ Ohne Liliane Esrail ist die Welt ein Stück dunkler geworden."