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Der Chef der rechtspopulistischen niederländischen Partei Forum für Demokratie, Thierry Baudet. Bild: nu.nl

Der Chef der rechtspopulistischen niederländischen Partei Forum für Demokratie, Thierry Baudet. Bild: nu.nl

Amsterdamer Urteil: Rechtspopulist darf Corona-Regeln nicht mit Holocaust vergleichen

Mit großer Genugtuung begrüßen Auschwitz-Überlebende das wegweisende Urteil, das gestern in Amsterdam gegen den Parlamentsabgeordneten Thierry Baudet ergangen ist, der in seinen Stellungnahmen mehrfach die Corona -Maßnahmen der niederländischen Behörden mit den Verfolgungen jüdischer Familien in Zeiten des Holocaust verglichen hatte.

Baudet hatte zum Beleg seiner kruden Thesen auch einen Videoauszug aus der Rede des Auschwitz-Überlebenden und Präsidenten des Internationalen Auschwitz Komitees Marian Turski herangezogen, die dieser am 27. Januar 2020 in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau gehalten hatte. In einem Statement, das dem Gericht zugeleitet worden war, hatte Marian Turski betont:

"Ich bin empört und wehre mich kategorisch gegen die missbräuchliche Verwendung des Zitats aus meiner Rede, die dem Gedenken an Auschwitz gewidmet war. Die Ausgrenzung und Demütigung der jüdischen Familien in jenen Jahren, die uns nach Auschwitz führten, hat, wie ich betonen möchte, nichts -absolut nichts- mit der aktuellen Situation im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie zu tun.

In meiner Rede in Auschwitz habe ich versucht zu erklären, wie die Diskriminierung der Juden Schritt für Schritt zur Ausrottung führte. Die Verletzung von Menschenrechten führte Schritt für Schritt zur Vernichtung. Ich bin mir bewusst, dass Impfgegner durch sehr unterschiedliche Gründe und Denkweisen  (und manchmal, so fürchte ich, auch Denkdefizite) motiviert sind. Was mich jedoch erschreckt ist, dass die Mehrzahl ihrer Sprecher durch ihre rechtsextreme Ausrichtung, die Übernahme von Verschwörungstheorien und auch durch antisemitische Klischees bekannt sind. Dies ist ein weiterer Grund, warum ich mich gegen den Missbrauch meiner Worte wehre. Wenn ich mich impfen lasse, schütze ich mich und meine Mitmenschen!"

In der gestrigen Gerichtsverhandlung wurde Baudet nunmehr zu einer Strafzahlung von 25 000,-Euro verurteilt, sollte er seine unangebrachten Vergleiche wiederholen: Er habe das Leiden jüdischer Menschen zu Zeiten des Holocaust "implizit bagatellisiert" schrieben ihm die holländischen Richter ins Stammbuch. 

Zum Ausgang des Prozesses betonte in Berlin Christoph Heubner, der Exekutiv Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees: "In zahlreichen europäischen Ländern machen Impfgegner mit absurden Holocaust-Vergleichen auf sich aufmerksam und begründen auch so ihre zunehmende Radikalisierung und Aggressivität. Insofern hat das Urteil aus Amsterdam eine Bedeutung, die weit über die Grenzen der Niederlande hinausreicht."