Offener Brief an die Mitglieder der deutschen Fußball-Nationalmannschaft aus Anlass ihres Besuches in Auschwitz-Birkenau
Liebe junge deutsche Spieler,
verehrte Repräsentanten des Deutschen Fußball-Bundes,
morgen werden Sie die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau besuchen. Sie werden den Ort sehen, der -- wie kaum ein anderer -- zum Symbol für den Mord an den jüdischen Familien Europas, an den Sinti und Roma, den Polen, den russischen Kriegsgefangenen und vielen politischen Häftlingen geworden ist: Ein Tatort, ein Friedhof, eine Gedenkstätte.
Viele der Opfer damals waren so alt, wie Sie heute sind. Auch viele der Täter waren junge Menschen. Die Sprache der Mörder war die deutsche Sprache.
Bei Ihrem Besuch sind Sie nicht allein. Jährlich besuchen mehr als 1,5 Millionen Menschen aus vielen Ländern dieser Erde die Gedenkstätte. Fast 70 % von ihnen sind unter 26 Jahre alt. Wie viele von Ihnen! Ihr Besuch ist ein wichtiges Signal für die Überlebenden -- sie wollen nicht, dass dieser Ort in der Stille versinkt, sondern dass dort besonders die Stimmen junger Menschen zu hören sind. Ihre Anwesenheit und Ihre Fragen sind für sie wichtige Beweise dafür, dass die Welt nicht in der Gleichgültigkeit und dem Vergessen erkaltet.
Erzählen und berichten Sie Ihren Fans, was Sie in Auschwitz gesehen haben, und was Sie von diesem Besuch dort mitnehmen: Ihre Einflussmöglichkeiten sind groß und Sie wissen, wie die Welt heute aussieht: Intoleranz, Antisemitismus und Hass gegen Minderheiten zeigen sich nicht nur in den Stadien.
Dies ist ein wichtiger Besuch für Sie -- an einem Ort, wo allen Menschen das Herz schneller schlägt und wo wir alle uns selber ins Gesicht sehen.
Alles Gute, und toi toi toi für die EM
Ihr
Christoph Heubner
Exekutiv-Vizepräsident
Internationales Auschwitz Komitee