Traurigen Herzens und mit tief empfundener Dankbarkeit verabschieden sich Auschwitz-Überlebende in aller Welt von ihrem Freund, Leidensgenossen und Weggefährten Raphael Esrail, der im Alter von 96 Jahren in Lannion (Côtes d´Armor) Frankreich verstorben ist.
Raphael Esrail hatte sich schon als Jugendlicher der Résistance angeschlossen. In Lyon fälschte er Pässe und Personaldokumente und half so vielen bedrohten und verfolgten Menschen zu einer Chance des Überlebens. Raphael war 19 Jahre alt, als er 1944 in Lyon von den Deutschen als Jude und Angehöriger der Résistance verhaftet und über Drancy nach Auschwitz deportiert wurde. Nach der Teilnahme am Todesmarsch von Auschwitz nach Dachau wurde Esrail im Mai 1945 von amerikanischen Truppen befreit.
Raphael Esrail war Träger hoher staatlicher Auszeichnungen der französischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland. Zum Tod Raphael Esrails betonte in Berlin Christoph Heubner, der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees:
"Raphael Esrail hat nach seiner Befreiung über viele Jahrzehnte hinweg nicht über seine Erinnerungen gesprochen. Erst spät fand er Worte für das, was er in Auschwitz gesehen hatte und was ihm und den anderen Häftlingen angetan worden war. Gemeinsam mit seiner Frau Liliane, die auch Auschwitz überlebt hatte, war er in seinen letzten Lebensjahrzehnten ein umso beredterer Zeitzeuge, der besonders junge Menschen in Frankreich und Deutschland mit der Klarheit und Eindringlichkeit seiner Worte tief berührte. Darüberhinaus war Raphael Esrail ein inspirierender und weitsichtiger Europäer, dem immer bewußt war, dass die Menschen in Europa angesichts der immer wieder aufbrodelnden Gefahren durch antisemitischen und rechtsextremen Hass die Erinnerungen und Erfahrungen der Résistance auch über die Lebenszeit der Überlebenden hinaus brauchen würden. Seinen Freunden und Weggefährten unter den französischen Überlebenden war er viele Jahre Rückhalt, Motivator und Trost.
Dass die Union dés Déportes d´Auschwitz in Frankreich und über die Grenzen Frankreichs hinaus zu einer wichtigen politischen und pädagogischen Stimme geworden ist, ist auch der Ausstrahlung und dem Engagement Esrails zu verdanken.
Gerade angesichts der gegenwärtigen antisemitischen und rechtsextremen Attacken und Verschwörungstheorien, denen die Demokratien Europas ausgesetzt sind, werden wir unseren Freund und Bruder Raphael Esrail schmerzlich vermissen. Wir sind dankbar, dass wir so lange an seiner Seite sein durften."