Initiative "Narzissen" | Erinnerung an den Aufstand im Warschauer Ghetto
Jugendliche aus Deutschland, Polen und Frankreich beteiligen sich in Oswiecim an der Initiative "Narzissen"
Heute, am 70. Jahrestag des Aufstands im Warschauer Ghetto, beteiligen sich Jugendliche aus Deutschland, Polen und Frankreich in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oswiecim an der Initiative "Narzissen".
Die Jugendlichen erklären den Hintergrund der Aktion, bei der sie Narzissen aus Papier formen, an ihrer Kleidung tragen und an Andere verteilen, in einem Flugblatt:
"Am 19. April 1943 erheben sich jüdische Aufständische im Warschauer Ghetto gegen die von der deutschen Polizei und SS geplanten Liquidierung des gesamten Areals. Während mehr als 56.000 Juden und Jüdinnen getötet oder in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert werden, kämpfen rund 750 Aufständische gegen die in Zahl und Ausrüstung überlegenen deutschen Soldaten. Nur wenigen gelingt die Flucht.
Einer der Überlebenden, Marek Edelman, damals zentral an der Organisation des Aufstandes beteiligt, legte jedes Jahr am heutigem Datum an dem Denkmal für die Aufständischen einen Blumenstrauß nieder. Meistens handelte es sich um Narzissen. Bis zu seinem Tod im Jahr 2009 lebte und arbeitete Edelman in Łódź.
Als Symbol der Erinnerung vergeben wir heute, am 70. Jahrestag des Warschauer Ghettoaufstandes gelbe Papierblüten, welche Narzissen darstellen sollen. Diese Aktion wurde vom Museum der Geschichte der polnischen Juden und Jüdinnen in Warschau initiiert.
Aus dem Abschiedsbrief von Mordechaj Anielewicz,
Kommandant des Aufstandes"
Das Museum der Geschichte der polnischen Juden und Jüdinnen in Warschau, das heute eingeweiht wurde, finden Sie hier im Internet.
Jugendarbeit des IAK
Menachem B.: Geschichte, die nahe rückt
Auf Facebook sucht der Überlebende Menachem B. nach seinem Zwillingsbruder. Auszubildende aus Deutschland und Polen, die zur Zeit in Auschwitz sind, reagieren auf seine Suche.
Seit einer Woche ist er jetzt in Oswiecim, der 20-jährige Volkswagen-Auszubildende Chris Plitzer aus Kassel und nie hätte er gedacht, dass ihm die Geschichte so nahe rücken würde. Mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus Baunatal und Wolfsburg und polnischen Berufsschülerinnen und Berufsschülern arbeitet er in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau und hilft bei deren Erhaltung.
Gemeinsam mit dem Internationalen Auschwitz Komitee engagiert sich Volkswagen seit Jahren für die Gedenkstätte in Auschwitz als Ort der Erinnerung und des Lernens für die Zukunft. „An den Nachmittagen machen wir Führungen durch die Gedenkstätte“, berichtet Chris Plitzer. „Birkenau lässt einen allein durch seine Größe sprachlos werden. Und dann standen wir vor den Überresten der Baracke in der der Lagerarzt Josef Mengele jüdische Zwillinge gefangen hielt und zu Experimenten missbraucht hat. Jetzt ist es noch kalt in Oswiecim, in der Gedenkstätte ist noch Schnee und Eis, aber wirklich kalt geworden ist uns allen durch die Berichte, was Mengele den Kindern angetan hat. Wie kann man leben, wenn man als Kind so gequält und zerstört wird, darüber haben wir am Abend in unserer Gruppe viel diskutiert. Und plötzlich finde ich am nächsten Tag, dem 15. März 2013, auf SPIEGEL_ONLINE die Geschichte von Menachem B., der heute auf Facebook nach seinem Zwillingsbruder Jeno sucht, den er zuletzt in Auschwitz gesehen hat. Jeno trug die Nummer A7734.“
Rosa Bonura, 22, Plitzers Kollegin, die bei Volkswagen in Wolfsburg zur Mechatronikerin ausgebildet wird, ist ähnlich beeindruckt: „Menachem B. ist mit seiner Geschichte direkt in unsere Welt und in unser Leben hineingesprungen. Wir bewundern seinen Mut, jetzt noch einmal diesen Weg nach Auschwitz zurückzugehen. Hoffentlich findet er seinen Bruder, das wünschen wir ihm so sehr.“Und weil die Gruppe der deutschen und der polnischen Auszubildenden diesen Wunsch Menachem B. gerne übermitteln wollten, entstand das Foto der Jugendlichen auf den Fundamenten der Mengele-Baracke in Auschwitz-Birkenau. Roxana Kulinska, 18 Jahre alt und Berufsschülerin aus Bielsko-Biala, hat vorgeschlagen, das Bild auf Facebook zu stellen – als Dank und Ermutigung für Menachem B.
Für Christoph Heubner, den Exekutiv Vizepräsidenten des Internationalen Auschwitz Komitees, der die Gruppe gemeinsam mit Ines Doberanzke von der Volkswagen AG betreut, ist die Haltung der Jugendlichen ein wichtiges Signal: „Die Geschichte von Auschwitz ist noch lange nicht zu Ende erzählt. Wir wissen, dass Menachem B. vermutlich im Juni nach Oswiecim kommen wird, um die Gedenkstätte und die Stadt zu besuchen. Auch dann werden wir mit jungen Deutschen von Volkswagen und jungen Polen in der Gedenkstätte sein. Wir hoffen sehr, ihn persönlich kennenzulernen.“
Jugendliche mit Auschwitz konfrontieren: Ein Ziel des IAK
Sommer 2011: Deutsche und polnische Auszubildende arbeiten in der Gedenkstätte
Jedes Jahr besuchen auf Einladung des Internationalen Auschwitz Komitees Jugendgruppen, Auszubildende von Volkswagen aus Deutschland, Auszubildende aus Polen und Manager von Volkswagen das Konzentrationslager Auschwitz. Im Sommer 2011 arbeitete eine Gruppe von deutschen und polnischen Auszubildenden für 14 Tage in der Gedenkstätte: Zwei Fotografen, Karl Lehmann und Boris Buchholz, haben diese Gruppe begleitet.
Fotos: © IAK / Boris Buchholz. Alle Bilder unterliegen dem Urheberrecht. Für redaktionelle Zwecke können Fotos beim Internationalen Auschwitz Komitee angefordert werden.