Gedenkveranstaltung der Überlebenden am 26. Januar 2015
Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Auschwitz geht uns alle an – heute und morgen, nicht nur an Gedenktagen."
In einer feierlichen Gedenkveranstaltung am 26. Januar 2015 in der Berliner Urania gedachten Marian Turski und Eva Fahidi, Überlebende des Vernichtungslagers Auschwitz, Jugendliche, die in Auschwitz zum Erhalt der Gedenkstätte gearbeitet hatten, und Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie etwa 800 Gäste den Opfern der NS-Vernichtungsmaschinerie.
"Aus Erinnerung erwächst also ein Auftrag", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Rede. Sie fuhr fort: "Verbrechen an der Menschheit verjähren nicht. Wir haben die immerwährende Verantwortung, das Wissen über die Gräueltaten von damals weiterzugeben und das Erinnern wachzuhalten."
Zuvor hatte die Auschwitz-Überlebende Eva Fahidi gesagt: "Im Namen fast aller Zeitzeugen kann ich sagen: Heute hassen wir niemanden mehr! Wir wissen, wie der Hass die menschliche Seele zerstört. Wir wollen nicht mehr hassen, wir lassen uns nicht demoralisieren, wir stehen weit darüber. Das ist unser trauriger Trost. […] In unseren Herzen dominiert der Schmerz, auch nach 70 Jahren. Uns selbst ist der Tod schon nahe und wir können immer noch den unwürdigen Tod unserer Vorgänger nicht vergessen. Die unnatürliche und unmenschliche Weise, wie es geschah."
Und weiter: "Weil ich eine Zeugin bin, weil ich mir alles, was geschah, gut gemerkt habe, weil ich die Erinnerung an meine Erlebnisse der ganzen Welt übergeben muss. Nach einem Schweigen von fast sechzig Jahren ist es mein Lebensziel geworden, die Erinnerung an Auschwitz-Birkenau nicht auslöschen zu lassen. Für die Zeit, die noch übrig bleibt, ist es eine würdige Aufgabe."
Eva Fahidi schloss mit den Worten: "All denen, die im Sumpf von Auschwitz-Birkenau ruhen, den Juden, den Sinti und Roma, den Polen, den Russen, den Frauen und Männern des Widerstandes aus allen Ländern Europas, allen, die kein würdiges Begräbnis hatten, die nicht von weinenden Familienmitgliedern zum Grab begleitet wurden, weil es kein Grab gibt, ihnen sei hier das letzte Wort gesprochen: Heute, nach siebzig Jahren, wendet sich die ganze Welt mit Scham und Mitleid zu Euch!"
"Wir, die jungen Menschen, wir können uns ein Schweigen nicht leisten."
Alexandra Waluch, Schülerin der Technischen Berufsschule "Franciszek Kepka" in Bielsko-Biala, Polen, hatte letztes Jahr im Rahmen eines Projekts des IAK mit polnischen und deutschen Auszubildenden in der Gedenkstätte Auschwitz gearbeitet. Sie sagte: "Ich lernte die Geschichte kennen, um sie weiter zu tragen. Um die Tragödie der Juden, der Roma der Polen der sowjetischen Kriegsgefangenen und anderer Nationen zu zeigen, deren Schcksäle sich an dieser Stelle getroffen haben. Um aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Um die Geschichte vor der Vergessenheit zu bewahren und die Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass auch heute an verschiedenen Orten in der Welt Orte des Entsetzens entstehen. Über viele dieser Orte wird viel zu leise und viel zu wenig gesprochen. Wir, die jungen Menschen, wir können uns ein Schweigen nicht leisten."
"Ich versuche mich daran zu erinnern, was mein Großvater mir über das Menschsein erzählt hat", berichtete der israelische Pädagoge Joshua Weiner. "Ich denke, dass er und seine Geschwister von mir erwartet hätten, aufzustehen, und ein stolzer Jude zu sein, ein stolzer Israeli, aber vor allem ein Mensch zu sein, der die Verantwortung der Erinnerung an die Vergangenheit trägt, und ganz in der Gegenwart lebt."
Auch die VW-Auszubildenden Sarah Nonnenmacher war in Auschwitz gewesen und hatte mit Alexandra Waluch für den Erhalt der Gedenkstätte gearbeitet. Sie sagte in ihrer Rede in der Berliner Urania: "Einige von uns haben den Stacheldraht in Birkenau erneuert, der erhalten wird, damit die Menschen aus vielen Ländern verstehen, um was für einen Ort es sich handelt: Hier waren Menschen eingesperrt, hier wurde gequält und gemordet, hier wurde geweint und geschrien, hier war der dunkelste Ort, den ich bisher in meinem Leben gesehen habe."
Die Reden
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Die Rede von Alexandra Waluch Mehr lesen
Die Rede von Joshua Weiner Mehr lesen
Die Rede von Sarah Nonnenmacher Mehr lesen
Das Lied
Der Liedtext "Wir weinten keine Tränen" Mehr lesen