Jakow Wintschenko
- Soldat der Roten Armee, die das Vernichtungslager Auschwitz am 27. Januar 1945 befreite
"Es war kein Wachtraum, ein lebender Toter stand mir gegenüber. Hinter ihm waren im nebligen Dunkel Dutzende anderer Schattenwesen zu erahnen, lebende Skelette. Die Luft roch unerträglich nach Exkrementen und verbranntem Fleisch. Ich bekam Angst, mich anzustecken, und war versucht wegzulaufen. Und ich hatte keine Ahnung, wo ich war. Ein Kamerad sagte mir, wir seien in Auschwitz. Es war uns klar, dass etwas Schreckliches über diesem Ort lag: Wir fragten uns, wozu all die Baracken, die Schornsteine und die Räume mit den Duschen gedient hatten, die einen seltsamen Geruch verströmten. Ich dachte an ein paar Tausend Tote – nicht an Zyklon B und das Ende der Menschlichkeit."
- Zitiert in der Rede von Dr. Jochen Palenker, Mitglied des Vorstandes der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, zum 65. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz am 27. Januar 2010 in Berlin
Noach Flug sel. A.
- 1925-2011, Auschwitz-Überlebender und Präsident des IAK
"Die Erinnerung ist wie das Wasser: Sie ist lebensnotwendig und sie sucht sich ihre eigenen Wege in neue Räume und zu anderen Menschen. Sie ist immer konkret: Sie hat Gesichter vor Augen, und Orte, Gerüche und Geräusche. Sie hat kein Verfallsdatum und sie ist nicht per Beschluß für bearbeitet oder für beendet zu erklären.
Auch deshalb wollen wir als Opfer und sollen wir als Opfer nicht vergessen werden. Auch die heutige und die zukünftige Welt müssen wissen, wie das Unrecht, die Sklaverei der Zwangsarbeit und der Massenmord organisiert wurden und wer die Verantwortlichen dafür waren. Dies soll immer wieder dokumentiert und den jungen Menschen erklärt werden: Zur Erinnerung an uns und unsere ermordeten Angehörigen und zu ihrem Schutz in ihrer Zukunft. Diese Erinnerung an unser Leid und an die Verbrechen der Nationalsozialisten soll deshalb auch zukünftig das wesentliche Anliegen der Stiftung sein und ein zentraler Aspekt der großen Menschenrechtsdebatte, die weltweit geführt wird."
- Rede zum Festakt zum zehnjährigen Bestehen der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ am 23. Juni 2010
Siegfried Lenz
- Schriftsteller
"So seltsam es klingen mag: Auschwitz bleibt uns anvertraut. Es gehört uns, so, wie uns die übrige eigene Geschichte gehört. Mit ihr in Frieden zu leben, ist eine Illusion; denn die Herausforderungen und die Heimsuchungen nehmen kein Ende.
Schließlich haben wir es nicht mit der spirituellen Hinterlassenschaft von Hegels Weltgeist zu tun, sondern mit überlieferten unsagbaren Leiden. So ist zu fragen, ob es einen Frieden geben kann, in dem auch die Unversöhntheit einen Platz findet.
Ich glaube: ja. Der Friede, der uns entspricht, schließt Verstörungen durch das Gedächtnis nicht aus. Jedoch: Unversöhnt mit der Vergangenheit sind wir umso leidenschaftlicher für den Frieden.
Unversöhnt, geben wir der Vergangenheit, was wir ihr schulden, und der Gegenwart, was sie annehmbar macht."
- Rede zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, Frankfurt/Main, 9. Oktober 1988
Billy Graham
- Baptisten-Prediger
"Auschwitz stands as a tragic reminder of the terrible potential man has for violence and inhumanity."
- Aus: New York Times, 5. Dezember 1978
Claude Lanzmann
- Französischer Regisseur von Dokumentarfilmen u.a. "Shoah" und Produzent, Herausgeber des von Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir gegründeten Magazins "Les Temps modernes".
„Ich bin an die Orte gefahren, allein, und habe begriffen, dass man die Dinge kombinieren muss. Man muss wissen und sehen, und man muss sehen und wissen. Das eine ist vom anderen nicht zu trennen. Wenn Sie nach Auschwitz fahren, ohne etwas über Auschwitz und die Geschichte dieses Lagers zu wissen, sehen Sie nichts, verstehen Sie nichts.“
- Marc Chevrie und Hervé Le Roux, in: Cahiers du Cinéma No. 374, Paris, Juli/August 1985. Zitiert nach: Informationsblatt zu `Shoah´, herausgegeben von dem internationalen Forum des jungen Films / Freunde der deutschen Kinemathek. S. 3-5.
- Interview: „Der Ort und das Wort“, www.hist.uni-hannover.de
André Schmitz
- ehemaliger Staatssekretär für kulturelle Angelegenheiten in Berlin
„Die Erinnerung an die Entrechtung, Vertreibung und Ermordung der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ist für uns heute lebenden Deutschen eine bleibende Aufgabe. … Zur deutschen Identität gehört heute die Erinnerung an die Shoa. Ein deutscher kann nicht Demokrat sein und gleichzeitig antisemitische Einstellungen haben. Im Gegenteil. Nimmt er sich als Demokrat ernst, muss er sich aktiv dafür einsetzen, dass unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sich in unserem und ihrem Land akzeptiert und sicher fühlen. Das ist das Mindeste als Lehre aus dem größten Verbrechen in der deutschen und Menschheitsgeschichte. … Trotz oder gerade wegen der vielen Jahrestage und Gedenkveranstaltungen und ungeachtet unserer aufrichtigen Beteuerung gegen das Vergessen müssen wir aufpassen, nicht in Ritualen zu erstarren, die kommende Generationen nicht mehr erreichen. Lebendiges Erinnern und Gedenken gelingt nicht über den Verstand allein. Wir müssen die Herzen und Seelen der jungen Menschen erreichen.“
- Rede zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 2010 im Jüdischen Gemeindehaus in Berlin
Imre Kertész
- Auschwitz-Überlebender, Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger
„Wenn jemand über Auschwitz schreibt, muss ihm klar sein, dass Auschwitz die Literatur – wenigstens in einem bestimmten Sinn – aufhebt. Über Auschwitz kann man nur einen schwarzen Roman schreiben, einen, mit allem Respekt gesagt: Kolportageroman in Fortsetzungen, der in Auschwitz beginnt und bis zum heutigen Tag dauert. Womit ich sagen will, dass seit Auschwitz nichts geschehen ist, was Auschwitz aufgehoben, was Auschwitz widerlegt hätte. Der Holocaust konnte in meinem Werk niemals in der Vergangenheitsform erscheinen.“
- Rede zur Verleihung des Literaturnobelpreises am 7. Dezember 2002
Jan Philipp Reemtsma
- Gesellschaftswissenschaftler
„Es geht nicht um Erinnerung, es geht um das Bewusstsein einer Gefährdung, von der man weiß, seit man von ihr weiß. Seit man weiß, dass es eine Illusion war, zu meinen, der Zivilisationsprozess sei unumkehrbar, von der man also weiß, dass sie immer aktuell bleiben wird. Und es geht um etwas, das ich eine bis in die anthropologische Substanz gehende Scham nennen möchte. Eine Scham, die, abgelöst von der Schuldfrage, jeden ergreift, der sich ergreifen lässt.“
- in: Wozu Gedenkstätten?, in: Mittelweg 36, April/Mai 2004, S.62
Jacques Chirac
- 1995 – 2007 französischer Staatspräsident
„Es ist die Pflicht einer jeden Nation, sich der Geschichte zu stellen. So darf auch der Antisemitismus in Frankreich keinen Platz haben. Antisemitismus ist keine Meinung. Er ist eine Perversion. Eine Perversion, die tötet.“
- Rede zur Einweihung des Holocaust-Mahnmals in Paris am 25. Januar 2005
Martin Schulz
- Präsident Europäisches Parlament
„Überleben kann eine Bürde sein, wie ich von Überlebenden weiß. Denn der Schrecken hörte mit dem Ende der Gewaltherrschaft und der Befreiung aus den Konzentrationslagern nicht auf. Für niemanden, der solche beispiellose Verbrechen überlebt hat, kann es eine Normalität geben. Der Schritt zurück in die Welt ist schwierig. Zumal der Schritt in eine Welt ist, in der das Grauen mitunter verharmlost und geleugnet wird; eine Welt, in der weiterhin Antisemitismus, Rassismus und Intoleranz existieren. Die unfassbaren Gräuel haben tiefe Wunden hinterlassen, körperliche und seelische. Die Zeit heilt nicht alle Wunden. Zumal die Wunden auch auf Gedenkfeiern wie diesen wieder aufreißen können. …
Als Deutscher und als deutscher Präsident des Europäischen Parlaments fühle ich, dass ich eine besondere Verantwortung habe. Denn was in Auschwitz geschah, wurde im Namen meiner Nation verbrochen. Ich fühle mich verantwortlich dafür, dass niemals vergessen wird. Meine oberste Pflicht als deutscher und europäischer Politiker ist : Niemals wieder! …
Die Erinnerung an die schwersten Stunden Europas bestimmt unsere Zukunft. Denn mit dem Gedenken erneuern wir unser Bekenntnis zu unseren demokratischen Werten, in deren Kern das Prinzip steht: "Die Würde des Menschen ist unantastbar“.“
- Grußwort zur IAK-Generalversammlung am 5.9.2012
Prof. Rita Süßmuth
- Präsidentin des Deutschen Bundestags a.D.
"Erinnern tut weh. Es löst Entsetzen aus und lässt uns verstummen und aufschreien zugleich. Sich den bedrückendsten Wahrheiten unserer Geschichte zu stellen, ist unverzichtbar. Dazu verpflichten uns die Opfer, ihre Angehörigen und Nachkommen. Aber es ist auch für uns selbst notwendig, damit wir den unauflöslichen Zusammenhang von Erinnerungs- und Zukunftsfähigkeit begreifen.
Wir wissen aber auch um die erneuten Gefahren von Nationalismus, Antisemitismus, Rassenhass und Fundamentalismus bei uns in Deutschland und anderswo - Tag für Tag. Und wir wissen, wie sehr politische Wachsamkeit gefordert ist. Es ist unsere Pflicht, über den Holocaust aufzuklären, um eine Wiederholung dieser grauenhaften Geschehnisse zu verhindern. Gerade viele der jungen Generation wollen wissen, was geschehen ist. Sie wollen die Erinnerung daran wach halten. Sie möchten bewusst machen, vorbeugen und verhindern. Die Jugendlichen wollen diese Aufgaben mit Leben erfüllen, weil die Gefahren und Gefährdungen, die durch Radikalismus. Extremismus, Menschenverachtung und nationale Hybris entstehen, mit dem Ende des Nationalsozialismus nicht für immer beseitigt wurden."
- Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus im deutschen Bundestag, 19. Januar 1996
Laura Schoch
- Vorsitzende der Österreichischen Bundesjugendvertretung
„Der Holocaust Gedenktag ist einer der wenigen Tage im Jahr, an dem Gesellschaft und Politik Antifaschismus hochoffiziell nach außen tragen, seit einigen Jahren hier am stets umkämpften Wiener Heldenplatz. Die Konsequenz von Gedenken und Erinnern heißt für uns als Bundesjugendvertretung: aufstehen, aufschreien und Widerstand leisten gegen jeglichen Nährboden für Faschismus, Verhetzung und Ausgrenzung. Diese Haltung beschränkt sich nicht auf ein paar Tage im Jahr. Eine antifaschistische Haltung, die muss sich an jedem Tag manifestieren, im Großen, aber auch im Kleinen. Das heißt für uns, dass wir rechte Schmierereien nicht einfach hinnehmen. Antifaschismus heißt, dass wir nicht still halten, wenn Rassisten in der U-Bahn herumpöbeln. Das heißt, dass wir Antisemitismus nicht akzeptieren, homophobe Angriffe nicht hinnehmen und uns ein rechtes Familienbild mit dem Mann als Oberhaupt und der Frau am Herd nicht verkaufen lassen. Antifaschismus heißt aber auch, dass wir eine Vision haben für die Welt in der wir leben, eine Idee von einem besseren Leben, in dem ausgrenzende Politik auf Kosten anderer keinen Platz hat. Antifaschismus bedeutet also, dass wir unseren Alltag aktiv gestalten. Wenn ich beispielsweise bemerke, dass sich in meinem Lieblingslokal Anhänger faschistischer Ideologien zum Bier trinken treffen, dann werde ich nicht mit ihnen anstoßen, sondern Konsequenzen ziehen.“
- Rede am 4. Februar 2014 in Wien